"Chesslete" Illustration von Peter Travaglini
Der Schwertertanz Darbietung im Stedtli mitte des 20. Jahrhunderts
Ländti Bise, 1957 Die legendäre Neujahrszeitung von Ernst Rätz

Büre Nöijohr

Jeweils am Neujahrsmorgen um 05.01 Uhr beginnt mit der Chesslete das «Büre-Nöijohr», ein fasnächtliches Treiben, dessen Ursprünge weit ins Mittelalter zurückgehen. Der Ursprung dieses Brauchtums ist nicht dokumentiert, Vieles deutet aber darauf hin, dass es einen Zusammenhang hat mit der Reformation, als die Obrigkeit die Wallfahrten in Oberbüren verbietet und das Städtchen einen wirtschaftlichen Schaden erleidet. Das «Büre-Nöijohr» wird mit «Chesslete», Umzug, Maskenball und Beizenfasnacht gefeiert. Am Bärtzelistag wird jeweils der «Nimmerselig» verbrannt.

Nur Tage nachdem 1528 der bernische Grosse Rat beschliesst, die neue Glaubensrichtung anzunehmen, werden die Kirche in Oberbüren geschlossen, das Marienstandbild verbrannt und die Wallfahrten verboten. Das Städtchen, das während rund 50 Jahren von den Pilgerfahrten zum wundertätigen Marienstandbildes gelebt hat, gerät in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Schluss mit den Pilgern, die nach der Taufe ihrer Kinder erleichtert Andenken kaufen, sich dem Trunk und Schmaus hingeben und ein Nachtlager begehren. Die Obrigkeit soll den Bürener als Ersatz den ersten Markttag im Jahr zugesprochen haben, indessen, dokumentarisch lässt sich das nicht belegen.

Erst 100 Jahre später gibt es Hinweise, dass es zum Jahresbeginn Neujahrsmäler im Rathaus gegeben hat. Im 19. Jahrhundert verlieren sich mehr und mehr Anzeichen von festlichen Aktivitäten am Neujahrstag. Vielmehr werden Jugendliche gerügt, die das Neujahr ausgelassen zu feiern pflegen. Erst die Goldenen 1920er-Jahre vermögen in Büren den Neujahrsbrauch wieder aufzuleben. 1922 erscheint die erste gedruckte Schnitzelbank und im Amtsanzeiger laden Inserate zu «Maskerade und Tanz» im Bärensaal ein und bieten Modehäuser Maskenkostüme an. Nach mehreren Auf und Ab entwickelt sich Ende der 1970er Jahre das heute weit herum bekannte, fasnächtliche Treiben.

Um die Bevölkerung auf das «Büre Nöijohr» einzustimmen wird seit 1950 jeweils am Neujahrsmorgen um 05.01 Uhr die «Chesslete» durchgeführt. Mit allerlei Lärmigem werden die Bürener wachgerufen und zu den schönsten zwei Tagen eingeladen.

1955 erscheint die erste «Ländtibise», die fortan während über 30 Jahren von Ernst Rätz gestaltet und herausgegeben wird. 1989 erscheint das Nachfolgeblatt unter dem Titel «Vennerspiegel», ein satirischer Jahresrückblick auf das gesellschaftliche und politische Leben des vergangenen Jahres.

Seit 1959 wird am Bärtzelistag jeweils der «Nimmerselig» verbrannt. Die Figur erinnert an den Brandstifter, der 1386 während der Belagerung Bürens durch bernische Truppen im Städtchen mehrere Brände legt. Der Denunziant kann nie gefasst und soll deshalb «nimmer selig» werden.

Der Brauch der Neujahrsplaketten geht auf das Jahr 1955 zurück, als erstmals Abzeichen aus Karton verkauft werden. Die eigentliche Plakette wird seit 1977, im Jahr der «Wiederbelebung» des «Büre Nöijohr», hergestellt und zur Finanzierung des fasnächtlichen Treibens verkauft.

Das bis anhin spontan von einigen Unentwegten organisierte Treiben wird 1978 mit der Gründung der «Türmliwilerzunft» professionalisiert. Die Zunft ist seither für die Durchführung des «Büre Nöijohr» verantwortlich.


Die Entstehungsgeschichte wurde in den HB 2000 ausführlich dokumentiert und illustriert
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