HB 2019 - Schulstube im Seeland

Die Autobiographie des Seeländer Schulmeisters Johann Jakob Vögeli aus der Mitte des 19. Jahrhunderts mit erläuternden Textbeiträgen von Rudolf Käser.

Eine Biografie eines Vorfahren? Ja, da erinnere er sich an seine Jugendzeit in Oberscherli, da sei einmal die Rede davon gewesen, dass der Grossvater seiner Mutter im Seeland Lehrer gewesen sei und seine Lebensgeschichte aufgeschrieben habe, erzählt mir Hans Andreas Tanner, der von 2000 bis 2009 in Gottstatt als Pfarrer tätig gewesen war. Das war aber damals für uns Kinder nicht weiter von Belang und in unserer Familie war kaum die Rede davon.

Erst das Engagement in Gottstatt weckte dann Jahre später das Interesse an seinem Urahnen und dessen Lebensgeschichte in der Pfarrerfamilie Tanner. Bei einem der ersten Besuche meiner Eltern im Pfarrhaus Gottstatt erinnerte mich meine Mutter, an den Bericht ihres Urgrossvaters, worin das alte Kloster Gottstatt eine gewisse Rolle spiele. Meine Grossmutter mütterlicherseits war nämlich eine «Vögeli» und also eine Enkelin des Berichtverfassers. Und so brachte mir meine Mutter eines Tages diese «Wahrheitsgetreue Selbstschau des Lehrers Hans Jakob Vögeli», leider nur in Form einer Abschrift, das Original ist verschollen.

Grosse Beachtung fand der Bericht bei der damaligen Ehefrau des Gottstatter Pfarrers. Die historisch interessierte Barbara Tanner entnahm diesem Text viele Anregungen für ihre Arbeit mit Schulklassen und Erwachsenen. Vögelis Erlebnisse als Lehrperson und Erzieher in der damaligen Privatschule und seine Beschreibungen über das Leben in Orpund und den umliegenden Dörfern fanden Eingang in das von ihr verfasste Festspiel, das im Rahmen der Feierlichkeiten 750 Jahre Orpund aufgeführt wurde.

Die eigenhändig geschriebene Biographie des Johann Jakob Vögeli ist beileibe nicht nur eine Familienangelegenheit. Es ist ein Zeitdokument aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, das ein authentisches Bild über sein Leben und insbesondere über seine Jugendzeit in Meienried wiedergibt, wo er seinen in schulischen Belangen oft überforderten Vater beim Unterrichten in der kleinen Dorfschule unterstützte, dem Vater bei seinem Hausbau in der Fenchern bei Scheuren half und seine Einsätze beim Gemeindewerk an der wilden Aare leistete. Vögeli gibt uns damit Einblicke in die Lebensbedingungen im unteren Seeland in der Zeit vor der Juragewässerkorrektion. Die glaubhaften Beschreibungen des Junglehrers Johann Jakob Vögeli über den Zustand der Schulen, der Doppelbödigkeit der Schulbehörden und die Ausnützung der Kinder durch die eigenen Eltern zeigen, welch geringer Stellenwert vor 150 Jahren der Bildung zuteil gekommen ist.

So manches, was Vögeli in seinem Bericht beschreibt, ist uns heute fremd: Orts- und Lokalnamen, Tätigkeiten, Familiennamen, Naturgefahren oder Vögelis Hinweise zu gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten. Es ist uns ein Anliegen, den Text von Johann Jakob Vögeli möglichst unverfälscht wieder aufleben zu lassen. Um das eine oder andere zu erklären, um die Entwicklung von Ortschaften und Gebäuden zu beschreiben und um Gegebenheiten aus heutiger Sicht beleuchten zu können, haben wir im zweiten Teil des Buches erläuternde Texte und ein Glossar hinzugefügt. Sie sollen helfen, einerseits die eine oder andere Aussage von Vögeli aus der zeitlichen Distanz ins rechte Licht zu rücken und andererseits Bezüge zum aktuellen Leben herzustellen.
Artikel im Biel Bienne 15.1.2020  >> PDF
Artikel im Bieler Tagblatt 8.5.2019 >> PDF


Wir danken den Nachkommen von Johann Jakob Vögeli, dass wir diese Autobiografie abdrucken dürfen. Ein herzlicher Dank geht auch an die Sponsoren, ohne die es nicht möglich gewesen wäre, dieses Buch zu produzieren:

  • Swisslos | Kultur Kanton Bern
  • Burgergemeinde Bern
  • Gesellschaft Pestalozzianum
  • GVB Kulturstiftung
  • Einwohnergemeinde Aarberg
  • Einwohnergemeinde Büren
  • Einwohnergemeinde Orpund

SCHULSTUBE IM SEELAND

Johann Jakob Vögeli / Rudolf Käser

    Format 155 x 225 mm, 172 Seiten

    CHF 20.-
    ISBN 978-3-033-07266-4